Nebel

Ich war einmal alleine wandern, auf dem Berg Uludağ in der Türkei. Auf einenem großen Schneefeld überraschte mich ein eine Wolke, die am Berg hängengebleiben war. Der Nebel wurde dichter und dichter. Alles um mich herum war weiß. Der Schnee unter mir genauso wie der Himmel über mir und alles andere um mich herum.

Weil ich so nicht mehr sehen konnte, wohin des Weges, wartete ich, bis sich der Nebel verziehen würde. Obwohl mich die Nebelwolke in wenigen Minuten eingehüllt hatte, zog sie nicht weiter, sondern schien eher noch dichter zu werden. Ich konnte einfach nichts mehr sehen außer mich selbst.

Nachdem ich über eine Stunden gewartet hatte – es musste nun um die Mittagszeit gewesen sein – bekam ich es mit der Angst zu tun: Was, wenn sich dieser Nebel heute nicht mehr auflösen würde? Ich müsste mitten Im Schnee über Nacht bleiben! Ich hatte nichts dabei, für eine kalte Nacht im Schnee.

Die Vorstellung von einer Nacht in diesem Schnee und Nebel war so beängstigend, dass ich nur noch weg wollte. Aber wie?

Da kam mir ein Gedanke: Ich müsste einfach abwärts laufen. So musste ich von diesem Berg herunter kommen. Egal welche Richtung, abwärts geht es runter.

Und ich begann einfach blindlings abwärts zu gehen. Ich sah nicht wohin ich ging. Alles war weiß um mich her. Aber der Nebel hörte nicht auf.

Ich wollte schneller raus aus diesem Nebel. So ging ich schneller. Ich begann zu rennen. Der Schnee unter meinen Füßen wurde etwas abschüssiger. Und so leiteten mich meine Füße abwärts. Man fühlt in welche Richtung es abwärts geht, auch wenn man nichts sehen kann.

Im abschüssigen Schnee ging war es leicher zu rennen. Aber dann wurde es so steil, dass ich fast hingefallen wäre. Ich konnte gerade noch anhalten. Hier war der Grund unter meinen Füßen so steil, dass ich nur noch langsam absteigen konnte. Ich sah ja nichts und wollte doch so schnell wie möglich herunter von dem Berg und raus aus diesem Nebel.

Ich blieb stehen. Es war sinnlos. Es wurde noch steiler hier. Und ich sah nichts. Selbst, wenn ich weiter käme, könnte es Stunden dauern, bis ich ins Tal käme. Sehr wahrscheinlich würde ich aber irgendwo abstürzen!

Es war ein Fehler gewesen, einfach abwärts gehen zu wollen, egal in welche Richtung mich das führen würde. Aber ich Stand im weißen Nichts. Und und jetzt war es sicher schon Nachmittag.

Da sah ich etwas vor mir. Es war meine eigene Fußspur im Schnee.

Ich konnte nur ein, zwei Fußstapfen erkennen. Aber es war beruhigend, wieder irgend etwas sehen zu können.

Ich schaute meine Fußspur an. Sie führte aufwärts. Aber sie musste irgendwann auch wieder abwärts führen!

Das war die rettende Idee. Ich folgte meiner eigenen Spur zurück. Es führte aufwärts. Aber irgendwann fürte sie wieder abwärts!

Ich war so erleichtert und derfreut, dass ich wieder zu laufen begann. So verlohr ich fast wieder meine eigene Spur im Schnee. Und musste wieder suchen.

Ich fand meine alten Fußspuren wieder und folgte ihnen langsam. Nach nicht einmal einer halben Stunde lichtete sich der Nebel und ich konnte mehr Fußstapfen auf einmal sehen.

Bald darauf konnte ich mich wieder orientieren und fand zurück zur Bergstation des Skilifts, von der ich am Morgen losgewandert war.

Uludağ bei Bursa, Türkei, fotografiert von Julian Nyča. Creative-Commons-Lizenz Attribution-ShareAlike 4.0 International (CC BY-SA 4.0).

Abgesehen davon, wie absurd und gefährlich die Idee war in eine beliebige Richtung talwärts zu gehen, hatte mich die Eile, mit der ich am Ende abwärts lief vielleicht das Leben kosten können. Denn der Berg ist so steil, dass man leicht abstürzen kann. Besonders wenn man nicht sieht wohin es geht.

Dieses Erlebnis hat mir gezeigt, wie gefährlich die Angst ist. Die Angt davor, allein in Schnee und Nebel übernachten zu müssen, hat mich panisch gemacht. Und diese Panik hat mich erst wirklich in Gefahr gebracht.

Theoretisch kannte ich das. Erst durch das eigene Erlebnis selbst habe ich begriffen wie massiv die Angst das Hirn frisst. Ich konnte damals nur diesen absurd kurzen Gedanken fassen: Geh abwärts, dann kommst du runter. Und glaubte dabei noch, das sei schlau!

Noch als ich los ging, abwärts zu gehen, ohne zu wissen wohin, dachte ich, ich hätte meine Angst im Griff. Ich dachte, ich würde rational handeln. Dabei hatte mich die Angst fest im Griff.

Sich die eigene Angst einzugestehen, das ist hart. Aber sie zu ignorieren kann in die Katastrophe führen.

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